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Interview mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen „Angela Merkel ist die mit Abstand beste Wahl“ Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen Ursula von der Leyen ist seit 2013 Bundesministerin der Verteidigung. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel ist sie die stärkste Frau in der Union. Mit Sigurd Rautenberg-Otten und Dr. Franz- Wilhelm Otten sowie dem Journalisten Carsten Seim traf sie sich in Hennef zu einem Gespräch über unsere Sicherheit, Kind und Karriere sowie die Frage, wer nach der Wahl am 24. September die bessere Regierungsspitze für Deutschland ist. Frau v au von der Leyen: Wie sicher können wir uns in Deutschland fühlen? In Deutschland können wir sehr sicher leben. Als Verteidigungsministerin weiß ich aber, dass das in vielen anderen Ländern der Welt nicht so ist. Viele Menschen fliehen ja aus genau aus diesem Grund zu uns nach Europa. Sie riskieren dabei ihr Leben, auch wenn die Chance, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, auch noch so klein ist. Ich finde, wir müssen mit unseren europäischen Partnern früher ansetzen und bereits alles dafür tun, dass diese Menschen in ihrer Heimat bleiben und sich dort ein sicheres Leben aufbauen können. Deswegen stabilisiert die Bundeswehr in Niger und Mali und unsere Marine unterstützt den Schutz der europäischen Außengrenzen. Ebenso wichtig ist es, unsere Polizei gut auszustatten für ihre Aufgaben. Die Kanzlerin hat das früh erkannt und stellt mit ihrer klugen Politik weiter die Weichen dafür, dass wir sicher und gut in Deutschland leben. Vertrauen Sie Trumps Amerika als Nato-Schutzmacht vor dem Hintergrund, dass Donald Trump die Nato als „„„„„obsolet“““““ bezeichnet hat. Der US-Präsident sagt heute das eine und morgen das Gegenteil. Daneben gibt es einen amerikanischen Regierungsapparat, der versucht, diese Sprünge auszugleichen und das Vertrauen der Freunde Amerikas zu stabilisieren. Die tägliche Arbeit in der Nato läuft nach wie vor vertrauensvoll und gut. In der Nato ist auf die USA Verlass. Wir Europäer sollten auch abgesehen von der Nato alles dafür tun, das wertvolle, aus Millionen Freundschaften, wirtschaftlichen wie kulturellen Kontakten gewobene Band zu den Amerikanern weiter zu pflegen. Das Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes in die Verteidigung zu investieren, stammt noch aus Zeiten der rot-grünen Bundesregierung. Es ist das Versprechen von 29 Partnerländern, die sich in der Nato gegenseitig schützen. Die Partner, von denen 22 übrigens europäisch sind, würden zu Recht nicht akzeptieren, wenn Deutschland die Sicherheit des Bündnisses will, jedoch nicht dafür zu zahlen bereit ist. Es gibt aber noch weitere gute Gründe für mehr Investitionen in Sicherheit. Die Bundeswehr muss auch dringend modernisiert werden. Die Krisen der vergangenen Jahre haben doch offengelegt, dass wir enorme Probleme mit veraltetem Material und zu wenig Personal haben. Und drittens wird auch der Aufbau einer Europäischen Verteidigungsunion Ressourcen brauchen. Die Bundeswehr spielt dabei als Armee des wirtschaftlich stärksten und politisch einflussreichsten Mitgliedstaates eine Schlüsselrolle. Deshalb bin ich dankbar, dass der Kürzungstrend jetzt umgekehrt ist. Wie kann die Bundeswehr auch in Zukunft Ihren Personalbedarf decken? Für mich ist es eine Schlüsselfrage für die Zukunft der Truppe, ob wir auch in Zukunft genügend junge Männer und Frauen für die sehr fordernden Aufgaben bei der Bundeswehr begeistern können. Die Bundeswehr braucht jedes Jahr rund 100.000 Bewerbungen. Die bekommen wir derzeit auch, was bei schrumpfenden Jahrgängen alles andere als selbstverständlich ist. Die hohe Nachfrage am Arbeitsmarkt und der hervorragend aufgestellte deutsche Mittelstand sind eine starke Konkurrenz - insbesondere was Mangelberufe wie Medizin, IT und Ingenieurwesen angeht. Deswegen habe ich mich gleich zu Beginn meiner Amtszeit so vehement dafür eingesetzt, dass die Bundeswehr ein offener und moderner Arbeitgeber wird, der seinen Soldatinnen und Soldaten, die sich für unser Land einsetzen, auch zeitgemäße Arbeitsbedingungen bietet. Früher hat die Wehrpflicht automatisch Nachwuchs in die Kasernen gespült, und die Bundeswehr musste sich nicht anstrengen, ihre Strukturen zu modernisieren. Dass wir jetzt eine Freiwilligenarmee sind, ist ein Ansporn, besser auf die Bedürfnisse der jungen Leute einzugehen. Sie bekommen bei uns eine hochprofessionelle Ausbildung, die ohnehin in einer Pflichtzeit von wenigen Monaten kaum zu leisten ist. Wie bewerten sie die aktuellen Verhältnisse beim Nato- Partner Türkei unter Regie des Präsidenten Erdogan? Die Türkei hat leider in den letzten Jahren einen Weg eingeschlagen, der sich immer weiter von uns entfernt. Die Türkei, das heißt vor allem der türkische Staatspräsident. Wir haben für Vieles Verständnis für die Probleme der Türkei gezeigt und wir haben Geduld gehabt. Aber diese Geduld ist nicht unendlich. Ja, die Türkei hat einen Putschversuch erlitten, den auch wir verurteilt haben. Ja, die Türkei hat an ihren Grenzen seit Jahren Bürgerkriege und versorgt in ihrem Land Millionen Flüchtlinge, wobei wir sie mit erheblichen Geldern unterstützen. Ja, die Türkei leidet im eigenen Land seit langem unter dem Terror der PKK, gegen den sie sich zu Recht wehrt, und die auch bei uns als Terrororganisation eingestuft ist. Aber das alles ist keine Rechtfertigung dafür, im eigenen Land die Freiheiten massiv einzuschränken, Lehrer, Beamte, Soldaten massenhaft zu entlassen, viele zu verhaften, Journalisten einfach ins Gefängnis zu werfen. Deshalb ist es richtig, dass auch wir jetzt einen klaren Ton anschlagen: Ohne unsererseits alle Brücken abzubrechen, müssen wir klar sagen: Wenn die Türkei so weitermacht, kann es ein „weiter so“ in den Bereichen, die der Türkei gut passen, nicht geben. In diesem Kontext: „„„„„War es im Nachhinein richtig, die doppelte Staatsbürgerschaft einem breiteren Personenkreis zu ermöglichen. Stichwort „„„„„Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes“““““. Lassen Sie mich vorweg sagen, ich kenne sehr viele Menschen mit türkischem Hintergrund, die schon lange in Deutschland leben und sich tadellos in die Gesellschaft einbringen. Sie wissen auch, was sie an Deutschland und den Freiheiten und Chancen haben, die dieses Land ihnen bietet. Weil gelungene Integration auch etwas mit Identifikation zu tun hat, muss doppelte Staatsangehörigkeit die Ausnahme bleiben und darf nicht über Generationen weitervererbt werden. Das ist in sehr vielen Ländern dieser Welt so. Auch unser geltendes Recht geht davon aus, dass jeder, der Deutscher werden will, dafür grundsätzlich seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit abgibt. Ich finde daher den Plan des Innenministers goldrichtig, dass, wenn Menschen zu uns kommen, um dauerhaft mit uns zu leben, spätestens die zweite Generation nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit erhält. Länder wie Kanada und Schweden haben eine ähnliche Lösung und damit sehr gute Erfahrungen gemacht.


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