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In Gesprächen mit Niederkasseler Mitbürgern über die geplanten Ethylenoxid (EO)-Anlagen hört man sinngemäß manchmal: „ Das, was da jetzt hergestellt wird, ist schon gefährlich. Glauben Sie es mir.“ Wir glauben es und unterstützen diese Aussage voll und ganz. Gerade aus dem Grund wollen wir nach Möglichkeit die Ansiedlung von 6 weiteren Störfall-Anlagen verhindern, die einen unserer Meinung nach noch reaktionsfreudigeren und gefährlicheren Stoff herstellen und weiterverarbeiten sollen mit noch weniger kalkulierbaren Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung. Seitens der Evonik wurde mehrfach erwähnt, dass das hier hergestellte Chlor immer der sicherheitsrelevantere Stoff bleiben wird, trotz Nachfrage blieb eine Erklärung hierzu aber aus. Eine Gegenüberstellung der Eigenschaften und Gefahren von Chlor und EO, entnommen aus Sicherheitsdatenblättern zu diesen Stoffen, lässt zumindest uns an dieser Aussage zweifeln. Nachfolgend (siehe Tabelle unten) haben wir einige für unsere Bedenken maßgebliche Aspekte aufgeführt. Die Wohnbebauung um die bestehende Evonik-Anlage wird immer dichter, die Genehmigung eines Neubaugebietes innerhalb des geltenden Achtungsabstandes geschieht mit der Begründung, dass „die Anforderungen zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen beachtet sind“ (Stadt Ndk., Bebauungsplan Ranzel). Schon zum jetzigen Zeitpunkt, in dem Chlor lt. Evonik der sicherheitsrelevante Stoff ist, eine wie wir meinen, mutige Aussage. Aber sind die Gefahren bzw. die zusätzlichen Gefahren bei Unfällen mit EO genauso beherrschbar? Wir haben diesbezüglich Zweifel, besonders, wenn wir an das Unglück in Tarragona und an andere schwere Zwischenfälle mit EO denken und an die oben aufgeführten Gefahren, wie die extreme Entzündbarkeit und Explosivität. Weitere Bedenken haben wir hinsichtlich eines unbeabsichtigten Gasaustritts. Diffuse Gasaustritte sind selbst lt. des beabsichtigten Anlagenbetreibers PCC unter Normalbetrieb möglich, geltende Grenzwerte sollen selbstverständlich eingehalten werden. Nur sind unbeabsichtigte Gasaustritte beispielsweise durch Leckagen an den bei 6 Anlagen sicher sehr zahlreichen Rohrleitungen und deren Verbindungen und dadurch ein Überschreiten der Grenzwerte nicht mit Sicherheit auszuschließen, vielfach kamen Leckagen bereits vor. In unmittelbarer Nähe zu den geplanten 5 Weiterverarbeitungsanlagen, noch näher zum Industriegebiet als o.g. Neubaugebiet, ist die Erweiterung des Schulzentrums geplant. Kinder und Jungendliche sind besonders gefährdet gegenüber gesundheits- schädigenden Stoffen, daher stellt sich die Frage, wie sich solche Planungen miteinander vereinbaren: einerseits die Ansiedlung von Störfallbetrieben und andererseits die Erweiterung eines Schulzentrums in unmittelbarer Nähe hierzu? Für uns unverantwortlich und unverständlich. Umso mehr, berücksichtigt man die oben genannten gesundheitlichen Gefahren, gesundheitliche Schäden, die sich u.U. erst nach Jahren zeigen, einen fehlenden sicheren Schwellenwert und die fehlende Warnwirkung durch die hohe Geruchsschwelle von EO. Zudem sind die gesundheitlichen Risiken von EO nicht abschließend bewertet. Bei der ECHA (europäische Chemikalienagentur) wird der Verdacht geprüft, ob es nicht auch die Wirkungen von Hormonen stören und dadurch schädliche Effekte hervorrufen kann wie die Störung von Wachstum und Entwicklung oder die erhöhte Anfälligkeit für bestimmte Erkrankungen. Bei allen Projekten sollten unserer Meinung nach die Sicherheit der Bevölkerung und deren Schutz vor gesundheitlichen Gefahren absolute Priorität haben, beides vermissen wir hier. Darüber hinaus können wir keine zwingende Notwendigkeit für die Errichtung von 6 weiteren Störfallbetrieben gerade hier, inmitten eines Wohngebiets mit sensiblen Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen und Altenheimen erkennen. Beate Causemann Dr. Hans-Paul Westfeld Apotheker/in aus Niederkassel Mitglieder in der „Bürgerinitiative gegen Ethylenoxid e.V.“ Thema: Leserbrief zu einer Meldung in MoZ 33/2020 Hier: Gefährliche Stoffe – immer beherrschbar? Leserbrief Leserbriefe geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserzuschriften sinnwarend zu kürzen. Anonyme Zuschriften werden nicht veröffentlicht. Es besteht kein Anspruch auf Abdruck


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